Insekten

Teurer und überflüssiger Chemieeinsatz

Gregor A. aus B. war richtig sauer: Bei der Sanierung des Bades in dem alten Bauernhaus, das er vor einiger Zeit erworben hatte, war er auf alte Balken gestoßen, die deutliche Spuren eines Insektenbefalls aufwiesen.



Er rief bei einer bekannten Schädlingsbekämpfungsfirma an und deren Außendienstmann meinte zu dem Fall: "Nicht so schlimm, für 1.200 DM behandeln wir Ihnen das und dann haben Sie Ruhe!" Ein paar Tage später kam dann der Firmenchef vorbei und sagte: "Da werden wir doch ganz schon zu tun haben! Der Einsatz wird 2.400 DM kosten." Etwas verunsichert gab Gregor A. trotzdem den Auftrag zur Behandlung.
Die drei Mitarbeiter der Firma, die dann einige Tage später kamen, wunderten sich sehr über die "dramatischen" Äußerungen ihres Chefs und waren nach einer halben Stunde fertig. Sie hatten etwa sechs Balken mit einem Borsalzlösung bestrichen, die vorbeugend gegen Insektenbefall wirkt.
- Dieser Ablauf und der hohe Rechnungsbetrag veranlassten Gregor A. dann, einen Sachverständigen zu rufen. Der stellte dann fest:

  1. Es waren nur alte Gänge von Frischholzinsekten wie dem Blauen Scheibenbock und verschiedener Borkenkäferarten zu erkennen.

    Gänge von Frischholzinsekten

    Die typischen ovalen Ausfluglöcher des Hausbockes oder Anzeichen eines aktuellen Insektenbefalls konnten nach dem Abbeilen an diesen Balken nicht gefunden werden.
  2. Das behandelte Holz ist über 130 Jahre alt. Nach allgemeinen Erfahrungen, die sich in der Fachliteratur und in der Normung niedergeschlagen haben, ist die Gefahr, dass über 60 oder gar 100 Jahre altes Holz vom Hausbock neu befallen wird, minimal. Dies ist mit der verschlechterten Nahrungsqualität des gealterten Holzes zu begründen.
    In DIN 68 800-4 (5.2.2) heißt es: "Liegt Hausbockbefall vor und sind nur vereinzelt Holzbauteile befallen, kann bei mehr als 60 Jahre altem Holz auf eine Behandlung der nicht befallenen Holzteile der Konstruktion mit einem Bekämpfungsmittel verzichtet werden, da verbautes Holz ab diesem Alter kaum noch vom Hausbock befallen wird."
  3. Die innerhalb der Wohnung liegenden Balken sind entweder allseitig kontrollierbar oder werden verkleidet.
    Im ersten Fall und wenn sie so verkleidet werden, dass Insekten, d.h. Hausbockkäfer nicht zur Eiablage an das Holz gelangen können, so sind die Balken in die Gefährdungsklasse 0 einzustufen, d.h. gemäß DIN 68 800-3 (2.2.1) sind chemische Holzschutzmaßnahmen "nicht erforderlich".
  4. Soweit sich die Balken innerhalb zentralbeheizter Wohnräume befinden, stellt sich ihre Holzfeuchtigkeit langfristig auf einen Wert von 6 bis 10% ein. 8 oder 9% Holzfeuchte stellen für Hausbocklarven das absolute Existenzminimum dar.

Jeder Einzelne der letzten drei aufgeführten Punkte allein macht einen vorbeugenden chemischen Holzschutz bei den fraglichen Balken unnötig. Da hier gleich drei solche Faktoren zusammenkommen, ist eindeutig, dass die hier durchgeführte Maßnahme absolut überflüssig war. Hätte Gregor A. gleich einen Sachverständigen um Rat gefragt, hätte er viel Geld sparen können!


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