Bläuepilze: ein häufiges Ärgernis, meist aber ohne schwerwiegende Folgen

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die wichtigen, zu unterscheidenden Fäulearten holzzerstörender Pilze

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Bild rechts: der ungarische Pavillon auf der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover. Die beginnende (vom Arrchitekten gewollte) dunklere Holzverfärbung ist auf Bläuepilze zurückzuführen. 2005 (linkes Bild) ist die Vergrauung abgeschlossen. Erkennbar wird hier der Unsinn der ursprünlich aufgebrachten Farbbeschichtung.

1. Zur Klassifizierung von Bläueschäden

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Es sind derzeit etwa 100 verschiedene Pilzarten bekannt, die vornehmlich Nadelholz grau­schwarz oder bläulich verfärben. Sie gehören teils zu den Schlauchpilzen ( Ascomycetes ) und teils zu den unvollständig bekannten Pilzen ( Fungi imperfecti ). Bläuepilze werden sie genannt, weil sie die Lumina der Holzzellen mit ihren eigentlich braunen Hyphen weitgehend ausfüllen, und so optisch eine Blau-, manchmal auch Graufärbung bewirken. Ursache sind dunkle Farbpigmente aus Melanin. Die werden als bläulich wahrgenommen, eine Folge der Lichtbrechung.

Nach Butin (1965) lassen sich von der Schadensentstehung her drei verschiedene Arten von Bläuebefall an Nadelholz unterscheiden:

1.  Stammholzbläue oder primäre Bläue , (siehe Bild oben) die von der Hirn- oder Mantelfläche aus in stehende oder liegende Stämme eindringt.

Primäre Bläue am Stammholz, im Vergleich rechts, eine Rotstreifigkeit. Fotos: Rüpke

2.  Schnittholzbläue (Oberflächenbläue) oder sekundäre Bläue , die sich erst nach dem Einschneiden des Holzes einstellt und

Sekundäre Bläue, nach dem Einschnitt, durch "Baufeuchte" oder "Raumfeuchte".

3.  Anstrichbläue oder tertiäre Bläue , die auftritt, wenn getrocknetes oder verarbeitetes Holz erneut Feuchtigkeit aufnimmt, meist nach der Schädigung einer maltechnischen Oberflächenbeschichtung, aber auch auf unbeschichtetem Holz (Sell 1968). (Praxisfall)

Anstrichbläue an Gartenbank und an Blockhausbalken. Fotos: Rüpke/ Dr.Kürsten

Es kommt durchaus vor, dass die gleiche Pilzart unterschiedliche Bläuearten hervorrufen kann.

2. Biologie der Anstrichbläue

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Voraussetzung für die Entstehung der Anstrichbläue ist, dass Wasser - z.B. durch Risse in der Beschichtung - an das zuvor trockene Holz gelangt, und sein Feuchtegehalt dadurch auf 30% bis 80% steigt. Dann keimen die mit eingetragenen Pilzsporen aus und die Bläue kann sich entwickeln. Das Bild unten zeigt einen "klassischen Fall" von Anstrichbläue, ausgehend von Beschichtungsschäden z.B. an Schrauben und Leimfugen.

Anstrichbläue (neben anderen Baufehlern) an Pergola Foto: Dr. Kürsten

Die Hyphen dringen nicht mehr als 1 mm tief in das Holz ein (Sell 1968). Ein eventuell vorheriger Befall mit Stamm- oder Schnittholzbläue, der durch die (technische) Trocknung abgetötet wird, kann dabei hemmend wirken, wenn die Erstbesiedler antibiotische Stoffe ausscheiden, die die Ansiedlung anderer Pilze negativ beeinflussen.

Da Bläuepilze sich nur von den Inhaltsstoffen des Splintholzes, vor allem der nährstoffhaltigen Parenchymzellen, ernähren und weder Lignin noch Cellulose verwerten können, führt der Befall durch Bläue nicht zu ernsthaften statischen Problemen. Es kommen jedoch auch Bohrhyphen vor, die auf mechanische Weise, evtl. aber auch durch lokale Auflösung der Zellwand, Verbindungen zu Nachbarzellen herstellen, und so die Holzfestigkeit doch geringfügig mindern. (Böttcher 1997)

3. Beurteilung der Holzschädigung durch Anstrichbläue

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Auch wenn die Holzfestigkeit durch den Befall mit Anstrichbläue nicht wesentlich verringert wird, so zeigt ihr Erscheinen aber an, dass die Beschichtung undicht und der Feuchtegehalt des Holzes ausreichend für das Wachstum auch von holzzerstörenden Pilzen, wie z.B. Blättlingen (Gleophyllum-Arten, auch "Fensterholzpilze" genannt) ist. Außerdem sind Bläuepilze in der Lage, den Anstrichfilm mit ihren Fruchtkörpern anzuheben, zu durchwachsen und somit weiter zu zerstören, und damit den Befall durch die eben genannten Arten direkt zu fördern. (Praxisfall)

Bläuepilz im Schnitt unter dem Mikroskop: schräg nach oben erkennbar wachsen die Fruchtkörper aus. Damit wird die obere Farbschicht durchdrungen und geöffnet (Anstrichbläue).
Foto: Rüpke
Bläuepilz im Schnitt unter dem Mikroskop: rechts oben zwei Fruchtkörper, die durch die obere Farbschicht (abgehoben präpariert ) durchdrungen haben. (Anstrichbläue)
Foto: Rüpke
Bläuepilz unterm Mikroskop: Am Schnitt von oben her betrachtet, der durch die Farbschicht herrausragende Fruchtstand. (Anstrichbläue)
Foto: Rüpke

Daher ist die Anstrichbläue keineswegs nur als reiner Schönheitsfehler anzusehen, sondern als Beginn eines im Endeffekt kostenträchtigen Zerstörungsprozesses, der sich aber durch eine rechtzeitige und fachgerechte Behandlung noch stoppen lässt. 

Fazit: Eine Farbbeschichtung auf Holz ist nicht dauerhaft. Sie stellt wegen der möglichen immer eine Gefährdung des Holzes dar

4. Gewollte Holzverfärbung durch Bläue an Fassaden

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Die Bläue mit ihrer Gräue. nicht immer ist sie ein Ärgernis oder optischer Makel. Architekten nutzen das durch die Verwitterung entstehende Farbspiel an unbehandelten Holzfassaden. Sie verzichten gern auf das Ärgernis nicht beständiger Farbbeschichtungen auf Holz und gewinnen eine unverwechselbare Fassadenansicht. Mit der natürlichen Verwitterung wächst ein vielfältiges farbliches Klangbild.

Besonders schön war dies an den Bauten der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover zu sehen. Geprägt durch das Wunschthema, Mensch, Natur und Technik in Gleichklang zu bringen, stand der Baustoff Holz im Fokus. Das Wechselspiel von Naturkräften und Bautechnik galt es optimal zu gestalten. Dabei ließen die beteiligten Architekten erstmals im großen Stil die natürliche Vergrauung der Holzoberflächen als Gestalltungselement zu. Im Wesentlichen kann dies als wohl sehr gelungen bezeichnet werden.

Der Pavillon von Dänemark ist 2006 nach 6 Jahren Bewitterung vollständig vergraut. Nur noch innen, wo das Holz geschützt verbaut ist, blieb es unverändert.
Foto: Rüpke
Auch beim ungarischen Pavillon ist 2006 ist die Vergrauung abgeschlossen. Nur das weniger exponierte Holz blieb braun. 2008 wurde der Pavillon nach Abu Dhabi verkauft. In einem Architekturpark wird er wieder aufgebaut.
Foto: Rüpke

5. Zulässigkeit von Verfärbungen durch Bläue etc.

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Bei allen Fragen zu Zulässigkeit von Bläue muß zunächst festgestellt werden, was in der Bestellung vertraglich vereinbart wurde. Nur dies ist verbindlich. So sind Sichtqualitäten i.d.R. vertraglich gesondert zu vereinbaren. Ist dies nicht der Fall, muß i.d.R. mit dem Vorhandensein von Bläue gerechnet werden.

Tab.1 Zulässigkeit von Verfärbungen am Holz (Bläue und auch rote und braune nagelfeste Streifen, Rotstreifigkeit)

Bauschnittholz
Kanthölzer, Bretter, Bohlen
zulässig bei Sortierung von Holz nach Tragfähigkeit DIN 4074-1 (2003-06)
Konstruktionsvollholz
für den nicht sichtbaren Bereich
KVH ®-NSi MH-Fix ®-NSi
zulässig entsprechend den Vereinbarungen des BDZ (Bund Deutscher Zimmerleute) mit der Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz e.V. (2003-Okt.) und Herstellergemeinschaft MH Massivholz e.V. (2003-Nov.)
Konstruktionsvollholz für den sichtbaren Bereich*
KVH®-Si* MH-Plus ®-Si*
nicht zulässig
Brettschichtholz (BSH) Balkenschichtholz Duobalken® und Triobalken® Industriequalität zulässig Qu.: Bauen mit Holz 8/2005, Tab.3 Oberflächenqualitäten für BS-Holz, S. 27 und www.brettschichtholz.de, "Oberflächenqualitäten
(BS-Holz)
"Oberflächenqualitäten Duobalken® und Triobalken® (Balkenschichtholz)"
Brettschichtholz (BSH) Balkenschichtholz Duobalken® und Triobalken® Sichtqualität* zulässig: bis 10 % der sichtbaren Oberfläche des gesamten Bauteiles
Brettschichtholz (BSH) Balkenschichtholz Duobalken® und Triobalken® Auslesequalität* nicht zulässig
* Sichtqualitäten sind immer gesondert zu beauftragen.
Profilbretter
A - Sortierung**
zulässig sind nur vereinzelt vorkommende leichte Verfärbungen an 10% der Fläche / Stückzahl DIN 68126-3 (1986-Okt) Profilbretter mit Schattennut; Sortierung für Fichte, Tanne, Kiefer wird ersetzt durch DIN EN 14519
Profilbretter
B - Sortierung**
zulässig
** Gilt für jeweils nur für 95 % der Partie; d.h. es dürfen bei vereinbarter A- Sortierung maximal 5 % der Stückzahl aus der B- Sortierung enthalten sein; bei vereinbarter B- Sortierung dürfen 5 % der Stückzahl eine geringfügige Qualitätsabweichung aufweisen, sie müssen jedoch in vollem Umfang der Funktion der B- Sortierung gerecht werden.
Profilholz (Hobelware) Sichtseite Rückseite Verband der Europäischen Hobelindustrie (VEH)

VEH Güterichtlinien für Hobelwaren (Profilholz) - Januar 2007

Sortierrichtlinien für die Qualitäten VEH A und VEH B

Es gibt auch Zwischenqualitäten:
VEH Top = 60% VEH A Anteil
VEH AB = 30% VEH A Anteil
Sie sind etwa mit der alten Sortierung DIN A vergleichbar. (Die Sortierregeln sind also strenger als nach DIN)

Sortierung VEH - A:
Fichte u. Tanne
(europäisch, nordisch)
nicht zulässig zulässig
Lärche
(europäisch, sibirisch)
nicht zulässig zulässig
Kiefer
(europ., sibir. u. nord.)
nicht zulässig zulässig
Sortierung VEH - B:
Fichte u. Tanne
(europäisch, nordisch)
zulässig: leichte Verfärbung zulässig
Lärche
(europäisch, sibirisch)
zulässig: leichte Verfärbung zulässig
Kiefer
(europ., sibir. u. nordi)
zulässig: leichte Verfärbung zulässig

6. Literaturangaben

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Bauen mit Holz 8/2005, Tab.3 Oberflächenqualitäten für BS-Holz, S. 27
Böttcher, P. 1997. Mündliche Auskünfte
Butin, H. 1965. Bläue an lackiertem Holz. Holz-Zentralblatt 91 (4), 37-39
DIN 4074-1 (2003-06) Sortierung von Holz nach Tragfähigkeit
DIN 68126-3 (1986-Okt) Profilbretter mit Schattennut; Sortierung für Fichte, Tanne, Kiefer
Information des Zimmererhandwerks, Ausgabe12/2004 , Ausschreibungen für Planer und Architekten Bauschnittholz und Konstruktionsvollholz (KVH®, MH®)
Sell, J. 1968. Untersuchungen über die Besiedlung von unbehandeltem und angestrichenem Holz durch Bläuepilze. HOLZ als Roh- und Werkstoff 26 (6), 215-222
VEH - Güterichtlinien für Hobelwaren (Profilholz) - Januar 2007, Sortierrichtlinien für die Qualitäten VEH A und VEH B vom Verband der Europäischen Hobelindustrie (VEH)

www.Brettschichtholz.de


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